The Main Event: Die Sinatra-Infothek seit 1999

I Am Loved

Titel

I Am Loved

Text & Musik

Cole Porter

Main Event Infos

  • Geschichte
  • Übersetzung
  • Diskographie

Wer sich ein wenig in der Welt der altgriechischen Götter- und Heldensagen umschaut, wird rasch feststellen: „Da war schwer was los!“...

Denn menschliche Schwächen waren auch den Bewohnern des Olymp nicht fremd – vor allem nicht Gottvater Zeus. Der nämlich fühlte sich bei seiner Gemahlin, Gottmutter Hera, nicht ausgelastet und stieg in menschlicher Verkleidung zu den Sterblichen hinab, genauer gesagt zu einer äußerst attraktiven Sterblichen namens Alkmene, der Gattin des Amphitryon aus Mykene, die er in Abwesenheit ihres Mannes schwängerte. Alkmene gebar daraufhin einen Sohn namens Herakles (lat. Hercules), eine der bekanntesten Gestalten der antiken Sagenwelt. So berichten es Homer in seiner „Ilias“ (Buch 19, ab Vers 97) und verschiedene andere griechische Überlieferungen, und so wurde es beispielsweise auch im vierten Jahrhundert vor Christus schon bildlich dargestellt.

Der altrömische Dichter Titus Maccius Plautus (ca. 254-184 v.Chr.) steht mit seinen Werken, von denen sich 21 erhalten haben, am Beginn der klassischen Epoche römisch-lateinischer Literatur. Für seine Komödiendichtungen ließ er sich von den Traditionen der Griechischen (neuen Attischen) Komödie inspirieren, paßte deren Figuren und Stoffe jedoch der „modernen“ römischen Lebenswelt an und unterlegte die Geschichten mit einer besonders derben, dementsprechend populären Komik und Satire. Dabei können seine Werke durchaus auch als Vorläufer des Musicals gelten, denn sie bestanden aus einer Mischung gesprochener (Vers-)Texte, gesungener Passagen und Flötenspiel – die Aufführungspraxis läßt sich zum Teil heute gar nicht mehr in allen Einzelheiten nachvollziehen.

Zu den bekannten Werken des Plautus gehört “Amphitruo“ (= lateinische Form des Namens Amphitryon), und im Mittelpunkt dieser Tragikomödie (deren Datierung nicht genau zu ermitteln ist) steht eben jener alte griechische Mythos von Zeus (lateinisch: Jupiter), der in Abwesenheit des Amphytrion in dessen Gestalt schlüpft und mit Hilfe des Hermes (lateinisch: Mercur) die Alkmene erfolgreich verführt.

Dank Plautus wurde der Stoff im Laufe der europäischen Literaturgeschichte unzählige Male adaptiert, oft mit jeweils zeitgenössischen Zügen und Interpretationen versehen. Genannt seien an dieser Stelle nur der „Amphitryon“ von Molière (1622-1673), der in der Gestalt des Jupiter seinen Gönner, den französischen König Ludwig XIV., und dessen Suche nach „irdischen“ Freuden portraitierte, oder aus dem deutschen Bereich das gleichnamige Werk Heinrichs von Kleist (1777-1811) von 1807.

1929 brachte in Paris der Dramatiker Jean Hippolyte Giraudoux (1882-1944) seine eigene Fassung des „Amphitryon“ erstmals auf die Bühne; ein Stück, mit dem Giraudoux die gesamte französische Theaterlandschaft der Zwischenkriegsjahre nachhaltig prägte. Und dort lernte auf diese Weise auch ein amerikanischer Komponist den Stoff kennen, der sich damals gerade einige Zeit in Europa aufhielt und all die neuen Anregungen begierig in sich aufsog: Cole Porter (1891-1964), einer der unbestrittenen Könige der amerikanischen Musikkomödie, dessen Lieder bis heute zu den Eckpfeilern des „Great American Songbook“ gehören und gerade das Repertoire von Frank Sinatra um soviele Evergreens bereichert haben. (Immer wieder lesenswert das schöne Portrait von Marc Rothballer für den Main Event: Cole Porter).

Seit seiner Pariser Zeit trug sich Porter immer wieder mit dem Gedanken, den Amphitryon-Stoff des Plautus in einer eigenen Adaption auf die Bühne zu bringen – und im Sommer 1950 war es schließlich soweit. Dwight Taylor und Reginald Lawrence steuerten das Skript bei, während Porter selbst knapp zwei Dutzend neue Lieder schrieb und Musiken komponierte, zu denen im Spätsommer 1950 mit den Proben begonnen werden konnte. Das Werk trug zunächst die Arbeitstitel „Amphitryon“, „Heaven On Earth“ („Himmel auf Erden“) und „Cloudburst“ (etwa „Geplatztes Luftschloß“) – Premiere feierte Porters neues Musical dann aber am 28. November 1950 im New Yorker Shubert Theatre unter dem Titel “Out Of This World“ („Nicht von dieser Welt“).

In Porters Umdichtung verliebt sich Gottvater Jupiter, sehr zum Ärger seiner Gattin Juno (lateinisch für Hera), in die junge Amerikanerin Helen Kenyon, die mit dem Journalisten Art O’Malley verheiratet ist. Götterbote Mercur (der Sohn von Jupiter und Juno) bringt Helen in eine Kneipe in Athen (genannt „Arcadia Inn“ , eine Anspielung auf den Mythos Arkadiens), wo Jupiter schon auf sie wartet und sie im Gewand ihres Gatten verführt. „Verkompliziert“ wird die Sache noch durch Niki Skolianos, einen Mafioso, der vor dem FBI nach Griechenland geflüchtet ist und dort mit Juno anbandelt (die ebenfalls als Mensch verkleidet ihrem untreuen Göttergemahl nachspioniert), und seine Nichte Chloe, die ein Auge auf Mercur geworfen hat.

Bis Anfang Mai 1951 (ab dem 21.12.1950 statt im Shubert Theatre im New Century Theatre) lief das Stück mit 157 Aufführungen ununterbrochen am New Yorker Broadway und wurde ein recht großer Erfolg für Porter, obwohl das Stück heute eher wenig gespielt wird. Barbara Ashley gewann für ihre Rolle als „Chloe“ den Theatre World Award.

Gleich vier Lieder, die Cole Porter für „Out Of This World“ komponierte, finden sich auch in Sinatras Repertoire: „You Don’t Remind Me“ (das Porter noch vor der Erstaufführung aus dem Musical selbst herausstrich), „Cherry Pies Ought To Be You“ (das The Voice bei Columbia im Duett mit Rosemary Clooney einspielte), „From This Moment On“ (das Porter ebenfalls zunächst zurückstellte, um es dann 1953 für „Kiss Me Kate“ zu verwenden, von Sinatra 1956 mit Nelson Riddle eingespielt) – und “I Am Loved“.

„I Am Loved“ hatte Cole Porter bereits 1949 fertiggestellt. Im Musical wurde das Stück von Priscilla Gillette (1925-2006) gesungen, die das Lied in ihrer Rolle als „Helen“ gleich zweimal vortrug, einmal im ersten Akt (Szene 6 im „Arcadia Inn“), und ein weiteres Mal im zweiten Akt (Szene 5, im Schlafzimmer).

Schon im März 1950, als die Planungen für das neue Musical gerade erst begonnen hatten, hatte Cole Porter es aber Frank Sinatra gestattet, seine Version im New Yorker „Copacabana“ auf die Konzertbühne zu bringen. Im November 1950 dann nahm Sinatra, wiederum als erster Künstler, eine Studioversion des Liedes für Columbia auf, begleitet von seinem damaligen Hausarrangeur Axel Stordahl). Sinatras Aufnahme kam (mit „You Don’t Remind Me“ auf der Rückseite) dann Anfang 1951, also genau rechtzeitig zum erfolgreich angelaufenen Broadway-Stück, bei Columbia als Single heraus (=Version #1). 1957 erschien das Lied auch auf der Columbia-LP “Adventures Of The Heart“ und seither verschiedentlich auch auf CD, zuletzt auf dem Columbia/Legacy-Album „Sinatra Sings Cole Porter“.

Die Originalfassung von Priscilla Gilette, eingespielt am Silvestertag 1950 (also nach Sinatras Fassung!) in New York, erschien 1951 ebenfalls bei Columbia auf der Broadway-Cast Soundtrack LP „Out Of This World“ (Columbia LP 54390) und 1992 auch auf CD (Sony Broadway SK 48223).

Sinatra kam nach seiner Studioaufnahme nur noch wenige Male auf den Song zurück: Anfang Februar 1951 sang er es als Schlußlied in einer Ausgabe seiner wöchentlichen Fernsehshow auf CBS, wiederum begleitet von Axel Stordahl (= Version #4). Einige Wochen später gab er es dann auch im Radio zum Besten, im Rahmen seiner Sendung „Meet Frank Sinatra“ (= Version #3). Und als Sinatra 1951 kurzfristig für den erkrankten Perry Como als Gastgeber in dessen Fernsehshow einsprang, war „I Am Loved“ nochmals von The Voice zu hören (= Version #2).

Porters schlichte Verse, die das Liebesglück der Helen (= der „Alkmene“) in Worte fassen, als sie vermeintlich von ihrem Gemahl, tatsächlich von Jupiter/Zeus „beglückt“ wird, konnte Sinatra mühelos in eines seiner schönsten Lieder der späten Columbia-Jahre ummünzen – eine Aufnahme, die vielleicht zu selten gespielt wird.

„I Am Loved“ ist eines der unbekannteren Porter-Stücke geblieben; doch es gibt schöne Cover-Versionen auch von Doris Day und besonders von Judy Garland, die das Lied 1958 mit Nelson Riddle für ihr Capitol-Album “Judy In Love“ einspielte und im März 1964 auch in ihrem Fernsehspecial („The Judy Garland Show“ Ausgabe #25) sang.

© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2007

Ich Werde Geliebt
(I Am Loved)

Ich werde geliebt, ich werde geliebt
Von derjenigen, die ich über alles liebe
Ich werde geliebt, vollkommen geliebt
Wie großartig es doch ist, das behaupten zu können!

Ich werde umschwärmt, ich werde umschwärmt
Von derjenigen, die zunächst mein Herz in die Irre leitete
Ich werde umschwärmt, vollkommen umschwärmt
Wie großartig es doch ist, das behaupten zu können!

Darum läutet die Glocken
Und lasst die Trompeten erschallen
Und schlagt die Trommeln
Denn nun weiß ich es, ich weiß es

Ich werde geliebt, ich werde geliebt
Wie großartig es doch ist
Wie schön es doch ist
Wie herrlich es doch ist, das behaupten zu können!
Wie großartig es doch ist
Wie schön es doch ist
Wie herrlich es doch ist - ich werde geliebt!

Übersetzung © Marc Rothballer für Sinatra - The Main Event, 2007

(1) COLUMBIA-Studioaufnahme vom 16.11.1950
aufgenommen in New York City
Arrangement: Axel Stordahl
Orchester geleitet von Axel Stordahl:
Lee Castle, Dale McMickle, Jack Owens (Trompete); Billy Ruach, Bill Rank, George Arus (Posaune); Johnny Barrows (Horn); Hymie Shertzer, Bernie Kaufman, Artie Drelinger, Mannie Gershman, Harry Feldman (Saxophon, Holzbläser); Raoul Poliakin, Milton Lomask, Maurice Hershaft, Julie Brandt, Harry Katzman, Julius Held (Violine); Isadore Zir, Solomon Deutsch (Bratsche); George Poliakin (Cello); Elaine Vito Ricci (Harfe); Graham Forbes (Piano); Matty Golizio (Gitarre); Frank Carroll (Baß); Johnny Blowers (Schlagzeug)
Erstveröffentlichung-Single: I Am Loved/You Don’t Remind Me (78rpm-Single, Columbia) (erschienen Januar 1951)
Erstveröffentlichung-LP: Adventures Of The Heart (Columbia CL-953) (erschienen 3.2.1957)
LP: Hello Young Lovers (2-LP-Set, Columbia/Sony) LP 1 (erschienen 16.10.1987)
CD: Hello Young Lovers (Columbia/Sony)
CD: The Columbia Years – The Complete Recordings (12-CD-Box, Columbia/Legacy) CD 11 (erschienen 5.10.1993)
CD: Best Of The Columbia Years (4-CD-Box, Columbia/Legacy) CD 4 (erschienen 31.10.1995)
CD: Love Songs (Columbia/Legacy) (erschienen 9.1.2001)
CD: Sinatra Sings Cole Porter (Columbia/Legacy) (erschienen 22.7.2003)

(2) „The Perry Como Show“ (CBS TV/Chesterfield Cigarettes) vom 22.01.1951
Aufnahmeort nicht dokumentiert
Arrangement: Axel Stordahl
Orchester geleitet von Axel Stordahl

(3) „The Frank Sinatra Show“ (CBS TV/Bulova Watches) vom 3.2.1951
aufgenommen in New York City
Arrangement: Axel Stordahl
Orchester geleitet von Axel Stordahl

(4) „Meet Frank Sinatra“ (CBS Radio/Tintair & Ludens) vom 25.3.1951
aufgenommen in New York City
Arrangement: Axel Stordahl
The Graham Forbes Quartet

16.11.1950 Studioaufnahme, New York, New York City,
03.02.1951 Television, New York, New York City, The Frank Sinatra Show
22.01.1951 Television, The Perry Como Show
25.03.1951 Television, New York, New York City, Meet Frank Sinatra

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen