The Main Event: Die Sinatra-Infothek seit 1999

Please Don't Talk About Me When I’m Gone

Titel

Please Don't Talk About Me When I’m Gone

Text & Musik

Musik von Sam H. Stept, Text von Sidney Clare (1930)

Main Event Infos

  • Geschichte
  • Übersetzung
  • Diskographie

Auf der “Tin Pan Alley” und den vielen großen und kleinen Bühnen des Vaudeville, wo so viele Evergreens des Great American Songbook geboren wurden, die wir aus Sinatras Repertoire kennen, tummelten sich in den Zwanziger und Dreißiger Jahren Künstler und Komponisten verschiedenster Herkunft.
Viele Immigranten waren darunter, wie der große Irving Berlin zum Beispiel – auch der Pianist Sam H. Stept (1897-1964) gehörte dazu. Er war 1897 in Odessa geboren (das damals zum russischen Zarenreich gehörte und heute in der Ukraine liegt) und als kleiner Junge mit seinen Eltern nach Pittsburgh gekommen, wo er aufwuchs und schon früh sein musikalisches Talent am Klavier zeigte. Bei einem Musikverlag fand er Arbeit als Komponist und ging dann nach New York City, wo er am Vaudeville bald mit verschiedenen anderen Songschreibern gemeinsam Stücke zu schreiben begann. Auch für einige Hollywood-Filme wurde er verpflichtet, bevor er sich in späteren Jahren vor allem als Musikverleger betätigte. Sein bekanntestes Lied dürfte “Don’t Sit Under The Apple Tree” sein, ein Riesenhit für die legendären “Andrew Sisters” und sozusagen eine der Erkennungsmelodien der swingenden Dreißiger, die bis heute viel gespielt wird.

Doch auch aus “Please Don’t Talk About Me When I’m Gone” ist ein Standard geworden. Stept schrieb das Lied 1930 zusammen mit Sidney Clare (1892-1972), einem gebürtigen New Yorker, der am Vaudeville zunächst als Tänzer und Komödiant begonnen hatte, bevor man sein Talent als Textschreiber erkannte und er ins Textdichterfach wechseln konnte. Für insgesamt über 50 Hollywood-Filme schrieb er Lieder und Texte, zum Beispiel “On The Good Ship Lollipop” für Kinderstar Shirley Temple, oder “I Think You’re Ducky”, eine der populärsten Zeichentrickfilmmelodien der Dreißiger Jahre. Clare gehört zur Songwriters Hall Of Fame – nicht zuletzt wegen des großen Erfolgs von “Please Don’t Talk About Me When I’m Gone”.

An Beatrice C. “Bee” Palmer (1894-1967) erinnert sich heute kaum noch jemand – das aber war 1918 ganz anders. Denn da war die junge Tänzerin aus Chicago gerade nach New York City gekommen und wurde in der Nachtklubszene als “Shimmie Queen” gefeiert. Der “Shimmie”, ein von ihr wesentlich kreierter Tanz, sorgte mit seinen – wie die New York Times meinte – “eindeutig-zweideutig-rhythmischen Schultern und Beckenbewegungen” für Begeisterung beim Publikum des Vaudeville, während das Bürgertum mit Blick auf Palmers meist spärlich bis gar nicht vorhandene Bekleidung eher die Nase rümpfte.
Ihrer steilen Karriere tat dies keinen Abbruch: Noch 1918 wurde sie eine der legendären “Zigfield Girls”, und ab 1920 tourte sie lange Zeit mit einer eigenen Vaudeville-Revue “Oh Bee”, einer der ersten “Personality-Shows” der Zeit, die als Revival bis in unsere Tage hinein immer wieder am Broadway zu sehen ist. Dort trat Palmer in den Zwanziger Jahren auch in einigen weiteren Musicals auf. Ihre Stimme freilich war dabei offensichtlich nicht die Hauptattraktion – das zeigte sich auch darin, daß sie zwar eine Reihe von Demoaufnahmen bei verschiedenen Plattenlabels (unter anderem Victor und Columbia Records) einspielte, die Plattenbosse jedoch stets abwinkten (die Aufnahmen sind erst vor kurzem erstmals erschienen). Anfang der Dreißiger Jahre verschwand sie dann völlig aus der Showszene.

Stept und Clare aber waren sich 1930 einig, daß Bee Palmer ihr neues Lied “Please Don’t Talk About Me When I’m Gone” auf der Bühne dem Publikum vorstellen solle. Und auf der Originalausgabe der “sheet music” prangte dementsprechend ein großes Portrait von Palmer.

Für die Erstveröffentlichung auf Schallplatte also kam Palmer nicht in Frage – dafür fand sich aber eine andere erst 23 Jahre alte Sängerin, Kate Smith (1907-1986), die gerade von Columbia Records unter Vertrag genommen worden war. Sie spielte „Please Don’t Talk About Me When I’m Gone“ im Herbst 1930 ein; ihre Aufnahme blieb aber ohne größere Beachtung. Mehr Erfolg hatte sie 1931 mit „River Stay Away From My Door“ (das später auch ein Sinatra-Lied geworden ist) und vor allem mit ihrer Versions von Berlins „God Bless America“ von 1943, eine der bis heute in den USA meistgespielten Aufnahmen dieser heimlichen amerikanischen Nationalhymne. Nachdem Smith in den Dreißiger und Vierziger Jahren regelmäßig mit eigenen Radioshows präsent gewesen war, schaffte sie in den Fünfzigern auch den Sprung ins Fernsehen und war mit Alben wie „Kate Smith at Carnegie Hall“ (1963) auch im Plattengeschäft weiter erfolgreich.

Ungleich mehr Durchschlagskraft als Smiths Columbia-Aufnahme hatte dann die Fassung von Gene Austin (1900-1972), die er im Februar 1931 für das Label Bluebird (#7557) einspielte und die es innerhalb kurzer Zeit bis auf Platz 3 der Billboard-Charts schaffte. Austins Single wurde eine der meistverkauften Aufnahmen des Jahres 1931. Darin spiegelt sich natürlich auch wider, daß das Multitalent Austin (bis heute der einzige US-Künstler, der in allen fünf Kategorien einen Stern am berühmten Hollywood-Walk-Of-Fame besitzt) der erfolgreichste Plattenstar Amerikas war – über 80 Millionen seiner Scheiben verkaufte RCA innerhalb weniger Jahre. Und so wie er als einer der ersten „Mikrophonsänger“ dem Crooning zum Durchbruch verholfen und damit Künstler wie Colombo, Crosby und Sinatra nachhaltig beeinflußt hatte, regten seine Singles oft weitere Aufnahmen der Lieder an.

So auch bei „Please Don’t Talk About Me When I’m Gone“ – noch im Februar 1931 entstanden zwei weitere Aufnahmen vom Orchester Eubie Blake (1883-1983), dem legendären Ragtime-Pianisten, eine mit Gesang von Dick Robertson (1903-1979) (Crown 3090) sowie eine Instrumentalfassung (Broadway 1448). Ebenfalls noch im Februar 1931 nahm mit Chick Bullock (1908-1981), begleitet von Andy Sanellas Penzoil Orchestra, ein weiterer damals sehr bekannter Sänger das Stück auf. Bereits im Frühjahr desselben Jahres kamen vom Colonial Club Orchestra (bei Brunswick Records) und den „Five Rhythm Kings“ (bei Victor Records) weitere Fassungen heraus.

Nachdem das Lied Ende der Vierziger Jahre ein wenig in Vergessenheit geraten zu sein schien, erlebte es ein Revival mit dem Erfolg des Musical-Streifens “Lullaby Of Broadway” (1951, Regie: David Butler), mit Gene Nelson und Doris Day in den Hauptrollen, in dem Gladys George (1900-1954) das Stück sang.

Heute lassen sich über 300 Coverversionen des Liedes zählen, darunter so große Namen wie Ella Fitzgerald (die das Lied mehrere Jahrzehnte lang sang und mehrfach einspielte), Billie Holiday, Louis Armstrong, Benny Goodman (Carnegie-Hall-Album 1978) und Oscar Peterson.

Der Doris-Day-Film von 1951 war die direkte “Inspiration” dafür, daß schließlich auch Frank Sinatra sich des Liedes annahm. Begleitet vom Orchester seines langjährigen Hausarrangeurs
Axel Stordahl sang er es am Schluß seiner wöchentlichen Fernsehshow auf CBS am 8. Januar 1952 (= Version #1).

Zu einer Plattenaufnahme kam es aber zunächst nicht – während Sinatras Vertrag bei Columbia bekanntlich nicht verlängert wurde, wählte das Label lieber den Sänger Johnny Ray, der das Stück dann Ende November 1952 dort einspielte. Auch der Erfolg von Ella Fitzgeralds erster Aufnahme dürfte Sinatra zunächst von einer Studioaufnahme abgehalten haben. Stattdessen kam das Stück im äußerst populären Zeichentrickfilm “One Froggy Evening” (1955, mit dem “singenden Frosch” “Michigan J Frog”, Clip hier) zu Ehren, mit der Stimme des kalifornischen Klubsängers Bill Roberts.

1960 brachte dann Dean Martin eine Aufnahme auf seinem Album “This Time I’m Swingin’!” heraus und nahm das Stück auch in sein Konzertrepertoire auf. Vielleicht gab das unter anderem den Anstoß dafür, daß Sinatra, ohnehin immer auf der Suche nach “Standards”, die er noch nicht selbst im Plattenstudio eingesungen hatte, im Mai 1961 nachzog, als er für Reprise ein neues Swing-Album mit Billy May produzierte. (= Version #2).
May schrieb einen komplett neuen Swing-Chart für “Please Don’t Talk About Me When I’m Gone”, mit einem ausgedehnten Instrumentalteil, in dem das hervorragend besetzte Studioorchester (siehe Details unten) glänzen kann, während Sinatra im anschließenden “zweiten Durchgang” mit lässigen Improvisationen in Text, Betonung und Phrasierung aufwartet.
Das zugehörige Album kam im Juli 1961 unter dem Titel “Swing Along With Me” auf den Markt und erreichte in den Billboard-Alben-Charts in 22 Wochen Rang 6. (Capitol Records prozessierte gegen den Titel des Albums, weil die Ähnlichkeit mit Sinatras gleichzeitig erschienenem Capitol-Album “Come Swing With Me” zu groß sei, und gewann, so daß Reprise den Albentitel später in “Sinatra Swings” abänderte).

Auf der Bühne hat Sinatra das Lied nicht gesungen, da ließ er nach wie vor anderen den Vortritt, zum Beispiel Sammy Davis jr. (der seine Live-Version auf seinem Album “Sounds of 66” herausbrachte; bei seiner allerersten Session bei Capitol 1949 hatte er das Lied bereits im Studio eingespielt).

© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2006

Bitte sprich nicht über mich, wenn ich gegangen bin,
Süße, auch wenn unsere Freundschaft von jetzt an aufhört,
und hör zu: Wenn du nichts wirklich Nettes sagen kannst,
ist es besser, wenn du gar nicht sprichst – das ist mein Rat!

(Wir trennen uns:) Du gehst deinen Weg, ich werde meinen gehen – es ist am besten, daß wir es so machen!
Hier ist ein Kuß, ich hoffe, daß er Dir viel Glück bringt!
Es ist egal, wie ich weitermache –
denk‘ dran: Bitte sprich nicht über mich, wenn ich gegangen bin.

Übersetzung: Andreas Bergmann & Bernhard Vogel für Frank Sinatra - The Main Event

(1) „The Frank Sinatra Show“ (CBS TV/Ecko Houseware) vom 8.1.1952
aufgenommen in Hollywood
Arrangement: Axel Stordahl
Orchester geleitet von Axel Stordahl

(2) REPRISE-Studioaufnahme vom 18.5.1961
aufgenommen in Hollywood, United Recording Studios (take 2)
Arrangement: Billy May
Orchester geleitet von Billy May:
Conrad Gozzo, Mickey Mangano, Shorty Sherock, Frank Beach (Trompete); Tommy Pederson, Joe Howard, Milt Bernhart (Posaune); George Roberts (Baßposaune); Harry Klee, Ted Nash, Jules Jacob, Justin Gordon, Chuck Gentry (Saxophon, Holzbläser); Bill Miller (Klavier); Al Viola (Gitarre); Joe Comfort (Baß); Phil Stephens (Tuba); John Markham (Schlagzeug); Emil Richards (Percussion)
Erstveröffentlichung-Album/LP/CD: Swing Along With Me (= Sinatra Swings, Reprise) (erschienen Juli 1961)
CD: The Complete Reprise Studio Recordings (20-CD-Box, Reprise) CD 2 (erschienen November 1995)

08.01.1952 Television, Kalifornien, Hollywood, Los Angeles, The Frank Sinatra Show
18.05.1961 Studioaufnahme, Kalifornien, Los Angeles

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