Charmaine

Titel

Charmaine

Text & Musik

Erno Rapee & Lew Pollack

The song information, presented in English, has been translated from the original German text and follows below.

Main Event Infos

  • Geschichte
  • Übersetzung
  • Diskographie

I.
Wer kennt ihn nicht, James den Butler und seine Stolperfalle, den Tigerkopf: Seit viereinhalb Jahrzehnten flimmert der am 8. Juli 1963 vom NDR im Hamburger „Theater am Besenbinderhof“ aufgezeichnete Sketch Dinner for One nun schon über die Bildschirme, und seit Anfang der 70er Jahre hat das von Freddie Frinton (1909-1968) und seiner Partnerin May Warden (1891-1978) aufgeführte Stück an Silvester Kultstatus.

Was aber hat das mit Sinatra zu tun? Beim Titel des Sketches könnte man an den Song „Dinner For One Please, James (Madame will not be dining)“ denken, den Nat King Cole populär machte und den Frank Sinatra im Sommer 1981 auch einmal im Studio geprobt hat (bei den Sessions für sein Reprise-Album „She Shot Me Down“), ohne ihn dann letztlich aber aufzunehmen.

Doch es gibt noch eine direktere Verbindung, und die bezieht sich auf die Melodie, die zu Beginn der deutschen Fernsehfassung des Sketches erklingt, während Heinz Piper (1908-1972) seine Einleitungsworte spricht. Denn gerade im Jahr zuvor, 1962, hatte auch Sinatra dieses Lied im Studio aufgenommen...

II.

1924 veröffentlichte der Dramatiker Maxwell Anderson (1888-1959) (Sinatra- und Musikfreunden auch als Liedtexter etwa von „Lost In The Stars“ und „September Song“ bekannt) sein Bühnenstück “What Price Glory?“, das im besetzten Frankreich des Ersten Weltkriegs angesiedelt ist und vom Werben eines Offiziers um die angebetete „Charmaine“ erzählt. Anderson schrieb das Drama gemeinsam mit Laurence Stallings (1894-1968), der mit seiner schonungslosen Photodokumentation über die Grausamkeiten des Ersten Weltkriegs für Aufsehen gesorgt hatte. Carl Zuckmayer veröffentlichte später unter dem Titel „Rivalen: Ein Stück in drei Akten“ auch eine deutsche Fassung.

1926 wurde “What Price Glory” von der Fox Film in Hollywood unter der Regie von Raoul Walsh in Szene gesetzt, und im November 1926 kam der Stummfilm mit Edmund Lowe und Dolores Del Rio in den Hauptrollen in die Kinos. (1952 entstand unter der Regie von John Ford ein Tonfilm-Remake mit James Cagney und Corinne Calvet). Wie damals üblich, wurden die Vorführungen des Stummfilms in den Lichtspieltheatern von Live-Musik begleitet, und für „What Price Glory“ hatten Ernö Rapée und Lew Pollack diese Musik geschrieben.

Der Konzertpianist Ernö Rapée (1891-1945) stammte aus Budapest und hatte sich in Europa auch bereits als Komponist, Arrangeur und Dirigent (unter anderem dirigierte er auch die Berliner Philharmoniker) einen Namen gemacht, bevor er Mitte der Zwanziger Jahre endgültig in die USA übersiedelte. Dort wurde er einem Millionenpublikum bekannt, zunächst durch seine Radioshow „The Roxy Hour“, in der klassische Konzerte übertragen wurden, und dann ab 1932 auch als Dirigent des berühmten Symphonie-Orchesters der New Yorker Radio City Music Hall, dessen Leitung er bis zu seinem Tod 1945 innehatte.

Für die „Begleitmusik“ zu „What Price Glory“ arbeitete Rapée mit Lew Pollack (1895-1946) zusammen, einem gebürtigen New Yorker, der seine Karriere als Sopran-Chorknabe begonnen hatte und später als Sänger und Pianist auf zahlreichen Bühnen des Vaudeville zuhause war. Er schrieb mehrere hundert Songs (Sinatra sang im Radio in den Vierziger Jahren auch sein Stück „Miss Annabelle Lee“) und wurde posthum 1970 als einer der ersten Songschreiber in die „Songwriters Hall of Fame“ aufgenommen.

1926 gelang Rapée und Pollack das wohl bekannteste Lied ihrer beider Karriere: Zu den Stücken, die sie zur Begleitung des Stummfilms komponierten, zählte nämlich auch Charmaine, ein charmanter Walzer, benannt nach der weiblichen Hauptfigur aus „What Price Glory“, an die sich die kurzen, einfach gehaltenen Verse richten. Die Melodie gefiel dem Publikum so ausnehmend gut, daß Rapée und Pollack ihr Stück schon Ende 1926 auch auf den kommerziellen Markt brachten, wo es alsbald von einer ganzen Reihe von Sängern und Tanzorchestern der Zeit aufgegriffen wurde.

Zwei der ersten Einspielungen von 1927 sind dabei erwähnenswert:
Der Tenor Lewis James (gest. 1959), Mitglied der „Songwriters Hall of Fame“ und damals einer der meistbeschäftigten Schallplattenkünstlern der USA und mit einer Reihe von Top-Ten-Hits (wie etwa dem nostalgischen „Till We Meet Again“) populär geworden, brachte „Charmaine“ mit Erfolg als Single heraus.
Im Juni 1927 dann entstand die nicht minder erfolgreiche Aufnahme des populären Bandleaders Guy Lombardo (1902-1977) mit seinen „Royal Canadians“ und Gesang von seinem Bruder Carmen Lombardo (1903-1971). Die Lombardos wiederum gehörten mit ihren Plattenaufnahmen zu den Favoriten des jungen Frank Sinatra, der auf diese Weise schon sehr früh auch mit „Charmaine“ in Kontakt gekommen sein dürfte.

Weitere populäre Fassungen von „Charmaine“ steuerten Jimmy Lunceford und sein Orchester (Decca, 1935) und Sinatras erster Boß Harry James (1944) bei; die Aufnahme von Harry James & His Music Makers war 1949 auch in dem Film „Two Girls and A Sailor“ (Regie: Richard Thorpe) mit June Allyson, Gloria DeHaven und Van Johnson zu hören.

Zum Welthit aber wurde „Charmaine“ dann durch Annunzio Paolo Mantovani (1905-1980), den aus Italien stammenden und seit 1912 in England lebenden König der britischen „light music“, der Ende der Vierziger Jahre mit seinem Orchester den unverwechselbaren Sound der „cascading strings“ als Markenzeichen entwickelt hatte. 1951 veröffentlichte Mantovani seine erste, von Ronald Binge (1910-1979) arrangierte Aufnahme von „Charmaine“ als Single bei London Records (LR 1020) und konnte damit auch in den USA einen großen Hitparadenerfolg feiern, wo „Charmaine“ fünf Monate in den Billboard-Charts blieb. Für Mantovani wurde „Charmaine“ so etwas wie eine Erkennungsmelodie, die er noch einige weitere Male neu aufnahm, zum Beispiel 1955 für „An Album In Waltz Time“ und 1958 für „Mantovani Waltz Encores“.

Der Erfolg von Mantovanis Single führte noch 1951 zu einem kleinen „Aufnahme-Boom“ in den USA: Der Bandleader Paul Weston veröffentlichte eine Version mit dem Norman Luboff Choir (mit beiden hat auch Sinatra zusammengearbeitet); Vaughn Monroe steuerte eine Fassung bei (in dessen Orchester ein junger Don Costa mitspielte), und auch Sinatras späterer Hausarrangeur Gordon Jenkins brachte bei Decca Records eine eigene Aufnahme heraus, mit Gesang von Bob Carroll (1918-1994), die es ebenfalls in die Hitparade schaffte. Mit Billy May reihte sich 1952 ein weiterer späterer Sinatra-Arrangeur ein.

Genreübergreifend wurde der Erfolg von „Charmaine“ 1958 mit der Einspielung von Rockstar Bill Haley & His Comets; und 1963 konnte die Vokalgruppe „The Bachelors“ (Decca) mit ihrer Version in Großbritannien bis auf Platz 6 der Charts vorstoßen.

III.

Im Januar 1962 nahm Frank Sinatra bei Reprise Records zusammen mit seinem Arrangeur Gordon Jenkins ein neues Balladen-Album in Angriff, für das er typische „torch ballads“ im Walzertakt vorwiegend aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ausgesucht hatte, darunter auch „Charmaine“ von 1926. Das Album sollte „Come Waltz With Me“ heißen, nach einem neu für das Album geschriebenen Titelsong von Sammy Cahn und Jimmy van Heusen.

Gleich bei der ersten Session am 15. Januar 1962 spielte Sinatra „Charmaine“ im United Recording Studio in Hollywood ein;Jenkins ’ Arrangement, geprägt von pointierten Streicherklängen, begleitet ihn dabei zu einem geschickt an den originalen Dreivierteltakt angelehnten Rhythmus. Die komplette Aufnahmesession ist erhalten (leider aber bislang nur auf inoffiziellen CDs verfügbar), so daß wir einen guten Einblick in Sinatras „Charmaine“-Werkstatt gewinnen können.

Seine stimmliche Verfassung war an diesem Abend nicht optimal, und The Voice brauchte ein wenig länger als gewöhnlich, um sich in die Melodie hineinzufinden: „Holy Christ! I think I just got into business“ („Mein Gott, ich singe wie ein Anfänger!“) läßt sich Sinatra schon nach dem ersten, abgebrochenen Take vernehmen. Mit Take 5 gelingt ihm dann erstmals eine komplette Aufnahme (=Version #a), die Sinatra sich gleich im Anschluß vorspielen läßt („can we hear that, please?“), um sich dann dafür zu entscheiden, es noch einmal zu probieren: „Gordy, do me a favour for Bill [Miller] and let’s play the last two bars of the introduction, he wants to hear my first level.“ Mit Take 9 (=Version #b) ist die Aufnahme dann im Kasten; dieser Take gelangte dann auf das fertige Album, während der vorangegangene offiziell unveröffentlicht geblieben ist (Details zu beiden Takes und ihrer Unterscheidung wie stets unten in der Diskographie).

Das fertige Album sollte eigentlich im Frühsommer 1962 veröffentlicht werden – doch inzwischen hatte auch Steve Lawrence den Titelsong „Come Waltz With Me“ eingespielt und veröffentlichte eine LP gleichen Titels. Sinatra war darüber recht ärgerlich, strich den Song aus seinem Album und verschob die Veröffentlichung auf den Herbst. So erschien die LP unter dem neuen Titel All Alone erst im Oktober 1962. In den Charts hielt sich das Album 17 Wochen, gelangte aber „nur“ bis auf Platz 25.

Welche Einspielung von „Charmaine“ die Verwendung der Melodie in „Dinner For One“ angeregt hat, bleibt Spekulation – immerhin war Sinatras Fassung 1963 auch in Europa bereits auf dem Markt. Wahrscheinlicher dürfte aber sein, daß man in Mantovani den „Verantwortlichen“ zu sehen hat. Die Fassung, die in "Dinner For One" zu hören ist, stammt übrigens vom besonders in Großbritannien populären Orchester Victor Silvester (1900-1978) - nomen est omen!

© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2008

Ich frage mich, warum du mich warten läßt,
Charmaine, meine Charmaine,
Ich frage mich, wirst du zurückkommen,
wenn die Singvögel balzen?

Ich frage mich, ob, wenn ich weiterhin bete,
unsere Träume die gleichen sein werden?
Ich frage mich, ob du jemals auch an mich denkst:
Ich warte auf dich, meine Charmaine!

© Übersetzung: Marc Rothballer für Sinatra – The Main Event

REPRISE-Studioaufnahmen vom 15.1.1962
aufgenommen in Hollywood, United Recording Studios
Arrangement: Gordon Jenkins
Orchester geleitet von Gordon Jenkins:
Vincent de Rosa, Richard Perissi, John Cave (Horns); Bert Gassman, Wayne Songer, Sheridon Stokes (Klarinette); Lloyd Hildebrand (Baßklarinette); Harry Klee (Konzertflöte); Erno Neufeld, Dan Lube, Paul Shure, Lou Raderman, Israel Baker, Ralph Schaeffer, Jacques Gasselin, Marshall Sosson, Joseph Quadri, Joseph Livoti, Felix Slatkin, Victor Arno, David Frisina, Amerigo Marino, Walter Edelstein, Nicholas Pisani (Violine); Louis Kievman, Paul Robyn, Ray Menhennick, Alvin Dinkin (Bratsche); Armand Kaproff, Ray Kramer (Cello); Kathryn Thompson Vail (Harfe); Bill Miller (Klavier); Al Hendrickson (Gitarre); Jack Ryan (Baß); Nick Fatool (Schlagzeug)
(a) Reprise Master #742-take 5 (3:15 Min.)
offiziell unveröffentlicht
*CD: Alone In The Studio (SUGS)
(b) Reprise Master #742-take 9 (3:17 Min.)
Erstveröffentlichung-Album/LP/CD: All Alone (Reprise) (zuerst erschienen Oktober 1962)
CD: The Complete Reprise Studio Recordings (20-CD-Box, Reprise) CD 3 (erschienen November 1995)
Unterscheidung der Takes bei 0:35 Min.:
-take 5: when bluebirds are mating-will you come back
-take 9: when bluebirds are mating (pause), will you come back

Main Event Infos (english Version)

I.

James, the butler, and his notorious challenge, the tiger head, are well-known from the sketch "Dinner for One." This classic was recorded on July 8, 1963, at Hamburg's "Theater am Besenbinderhof" by NDR and has been a television staple for over four decades. Since the early 1970s, the performance by Freddie Frinton and May Warden has become a New Year's Eve cult favorite.

But how does this relate to Frank Sinatra? The sketch's title may recall the song "Dinner For One Please, James," popularized by Nat King Cole and rehearsed by Sinatra during his 1981 "She Shot Me Down" album sessions, though it was never recorded.

More directly, the melody that introduces the German TV version of the sketch, played while Heinz Piper delivers his opening lines, was recorded by Sinatra the previous year, in 1962.

II.
In 1924, playwright Maxwell Anderson, known for lyrics in "Lost In The Stars" and "September Song," published "What Price Glory?" Set during World War I in France, it narrates an officer's pursuit of his love, "Charmaine." Anderson co-wrote the drama with Laurence Stallings, famed for his stark photographic portrayal of World War I. Carl Zuckmayer later released a German adaptation titled "Rivalen."

Fox Film adapted "What Price Glory" into a silent film in 1926, directed by Raoul Walsh and starring Edmund Lowe and Dolores Del Rio. A 1952 sound remake featured James Cagney and Corinne Calvet. Live music, composed by Ernö Rapée and Lew Pollack, accompanied the silent film screenings.

Ernö Rapée, a renowned Budapest-born concert pianist, composer, and conductor, had led the Berlin Philharmonic before moving to the U.S. in the mid-1920s. He gained fame with his radio show "The Roxy Hour" and as the conductor of New York's Radio City Music Hall Symphony Orchestra until his death in 1945.

Rapée collaborated with Lew Pollack, a New York native who began as a soprano choirboy and later thrived as a Vaudeville singer and pianist. Pollack, who wrote hundreds of songs and was posthumously inducted into the "Songwriters Hall of Fame" in 1970, also composed "Miss Annabelle Lee," performed by Sinatra on the radio in the 1940s.

In 1926, Rapée and Pollack's most famous work emerged: "Charmaine," a delightful waltz from "What Price Glory," quickly became a commercial hit, covered by numerous singers and orchestras.

Notable early recordings include tenor Lewis James' successful single and Guy Lombardo's June 1927 rendition with his "Royal Canadians," featuring vocals by Carmen Lombardo. These recordings likely introduced a young Sinatra to "Charmaine."

"Charmaine" saw further popularity with versions by Jimmy Lunceford's orchestra (1935) and Harry James (1944), the latter featured in the 1949 film "Two Girls and A Sailor."

The tune became a global sensation with Annunzio Paolo Mantovani's 1951 recording. Mantovani, a pioneer of British "light music," released "Charmaine" with London Records, achieving a five-month Billboard chart presence. It became his signature piece, re-recorded multiple times.

Mantovani's success sparked a U.S. recording surge in 1951, with renditions by Paul Weston and the Norman Luboff Choir, Vaughn Monroe, and Gordon Jenkins with Decca Records. Billy May also joined the trend in 1952.

"Charmaine" transcended genres, with Bill Haley & His Comets covering it in 1958, and "The Bachelors" reaching number 6 on the UK charts in 1963.

III.
In January 1962, Frank Sinatra began working on a new album of ballads with arranger Gordon Jenkins at Reprise Records. The album, predominantly featuring waltz-time "torch ballads" from the early 20th century, included the 1926 classic "Charmaine." It was initially titled "Come Waltz With Me," after a new song written by Sammy Cahn and Jimmy van Heusen specifically for the project.

During the first recording session on January 15, 1962, Sinatra laid down "Charmaine" at United Recording Studio in Hollywood. Jenkins' sharp string arrangements complemented Sinatra's vocals, which were adjusted to fit the original waltz rhythm. Although the complete session is only available on unofficial CDs, it offers a detailed look into Sinatra's process with "Charmaine."

Sinatra struggled with his vocal performance that night, taking longer than usual to settle into the melody. After an unsuccessful first attempt, he exclaimed in frustration. However, by the fifth take, he achieved a full recording, which he reviewed immediately. Deciding to give it another go, he perfected the song by the ninth take, which was included on the final album.

The album was slated for release in early summer 1962, but was delayed when Steve Lawrence recorded and released the title track "Come Waltz With Me" on his own LP. Sinatra, irritated by this, removed the song from his album and postponed its release until fall. The album, renamed "All Alone," was released in October 1962 and remained on the charts for 17 weeks, peaking at number 25.

It remains uncertain which version of "Charmaine" influenced the melody used in "Dinner For One." While Sinatra's rendition was available in Europe by 1963, it's more plausible that Mantovani's version was the influence. The "Dinner For One" melody is performed by Victor Silvester's orchestra, a favorite in Great Britain.

© Bernhard Vogel for Sinatra – The Main Event, 2008

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