*** Sinatra - The Main Event ***

Soliloquy

Titel

Soliloquy

Text & Musik

Musik von Richard Rodgers, Text von Oscar Hammerstein II

Main Event Infos

  • Geschichte
  • Übersetzung
  • Diskographie

Zu den verschiedenen Traditionen, aus denen sich Frank Sinatras Repetoire im wesentlichen speiste, gehört an zentraler Stelle das amerikanische Musiktheater des 20. Jahrhunderts. Hunderte seiner bekanntesten Aufnahmen aus allen Epochen seiner Karriere hatten ihren Ursprung auf den Bühnen des Broadway, wenn auch Sinatra selbst nie in einer solchen Produktion aufgetreten ist, sondern sich auf Filmmusicals beschränkte.

Anfang der 40er Jahre fanden sich mit Richard Rodgers (1902-1979) und Oscar Hammerstein II (1895-1960) zwei schon damals weltberühmte Komponisten zusammen, um für mehr als ein Jahrzehnt die Musicaltradition zu einem weiteren Höhepunkt zu führen – viele ihrer Werke werden auch heute noch auf der ganzen Welt gespielt, zahlreiche Songs daraus wurden selbständige Evergreens.

Zu ihren größten Erfolgen nach dem legendären „Oklahoma!“ (1943) gehörte „Carousel“, das 1945 am Broadway Premiere hatte. Der musikalische und theatralische Höhepunkt des Stücks ist „Soliloquy“, der große gesungene Monolog des Billy Bigelow, eigentlich nicht bloß ein „Lied“, sondern eher ein kleines Theaterstück für sich. Howard Keel, in unseren Breiten eher durch seine Altersrolle als Lebensgefährte der verwitweten Miss Ellie in der Soap „Dallas“ bekannt, damals aber ein gefeierter Star des Musiktheaters, verkörperte die Rolle in der ersten Bühnenfassung und wurde dadurch zur Broadway-Legende.
Obgleich sich das Stück schon allein aufgrund seiner Länge (an die 10 Minuten) weder für den damals noch LP-losen Plattenmarkt noch für die kurzen Radioshows sonderlich eignete, nahm Sinatra es schon im Jahr darauf für Columbia Records auf, und das gleich zweimal: Zuerst im April 1946 (davon sind zwei Takes erschienen, =Versionen #1a und #1b), und dann nochmals Ende Mai (=#2), beide Male arrangiert von Axel Stordahl. Wegen der großen Länge wurde das Lied dabei in zwei Hälften aufgenommen, von denen die erste auf der Vorderseite, die zweite auf der Rückseite einer extragroßen 78rpm-Single herauskam – einzigartig in Sinatras Karriere. Für die späteren LP- und CD-Veröffentlichungen dieser Fassungen wurden beide Teile dann zusammengesetzt.

Erst vor wenigen Monaten wurde ein Mitschnitt seiner Radioshow „Songs By Sinatra“ vom 22.5.1946 (wieder-)entdeckt, die die früheste bislang dokumentierte Radiofassung darstellt. Auch bei großen Konzerten, wie z.B. beim Benefizkonzert für Kriegsversehrte im Sommer 1948 in der Hollywood Bowl (=#3), sang der junge Sinatra den großen Monolog ungekürzt.

1955 reiften die Pläne, Sinatra die Hauptrolle des Billy Bigelow in der Verfilmung von „Carousel“ verkörpern zu lassen. Im Februar 1955 wollte FS daher den Song auch für sein neues Label Capitol aufnehmen, zusammen mit dem Arrangeur Richard Jones. Es blieb allerdings bei einigen Part-Takes einzelner Abschnitte des Liedes, ohne daß eine vollständige Aufnahme zustande kam. Diese Teile wurden jüngst zusammengesetzt und sind auf der Hollywood-Box erschienen (=#4). Aus der Filmfassung, der sicherlich einen Höhepunkt in Sinatras Karriere hätte bilden können, wurde auch nichts: Im Zorn um die Modalitäten am Set schmiß Sinatra die Rolle im Sommer hin und wurde durch Gordon McRae ersetzt – der Streifen, 1956 erschienen, wurde ein Welterfolg.
Für sein Album „The Concert Sinatra“ auf Reprise spielte ein stimmlich reifer gewordener Sinatra das Stück dann im Februar 1963 zu einem Arrangement von Nelson Riddle nochmals ein (=#5). Wobei es ein Geheimnis geblieben ist, warum eine Strophe („When I have a daughter...“) bei dieser Aufnahme unter den Tisch fiel. Dem Erfolg des Albums, auf dem mit „You’ll Never Walk Alone“ ein weiteres Rodgers-Hammerstein II-Stück aus „Carousel“ vertreten ist, tat dies keinen Abbruch.

23 Jahre lang beschäftigte sich Sinatra danach nicht mehr mit „Soliloquy“ – bis zum Frühjahr 1986, als der inzwischen 70jährige das Stück wieder in sein Konzertprogramm nahm. Der Erfolg beim Publikum war so überwältigend, daß Sinatra es fortan noch über 100 Mal vortrug, zuletzt noch im Januar 1993, vor allem bei Auftritten in großen Arenen und bei den Welttourneen. Dabei benutzte er stets das Arrangement von Nelson Riddle, und auch die 1963 „verschwundene“ Strophe war nun wieder an ihrem Platz.

In diese Zeit gehören die von Capitol auf „Sinatra 80th Live“ veröffentlichte Live-Fassung vom „Ultimate Event“ Detroit 1988 (=#6), und die beiden ebenfalls offiziell erschienenen bzw. ausgestrahlten Fassungen aus der „Diamond Jubilee“-Tour von 1991 aus Australien und Norwegen (= #7 und #8). Als der „Ultimate Event“ im April 1989 in Deutschland Station machte, konnte man Sinatra als Billy Bigelow auch auf der Bühne der Münchner Olympiahalle erleben.

Bernhard Vogel für Sinatra - The Main Event

Ich frage mich: Was wird er wohl von mir denken?
Wahrscheinlich wird er mich „den Alten“ nennen...
Wahrscheinlich wird er glauben, ich stecke
alle anderen Väter in die Tasche – naja, das könnte ich wohl auch!

Ich wette, er wird
ein Abziehbild seines Vaters sein,
aber er wird mehr Verstand haben
als sein Vater mit seinem „Puddingkopf“ jemals hatte!

Ich werde ihm beibringen, Ringkämpfe zu bestreiten, und durch eine Welle zu tauchen
wenn wir morgens zum Schwimmen gehen.
Seine Mutter wird ihm gutes Benehmen beibringen,
aber sie wird dabei keine Schwuchtel aus ihm machen.

Nein, aus ihm nicht, nicht aus meinem Jungen, nicht aus Bill!

Mein Sohn Bill – ich werde dafür sorgen, daß er nach mir benannt wird,
ja das werde ich tun!
Mein Sohn Bill – er wird groß und stark sein wie ein Baum,
ja das wird er!

Er wird wachsen wie ein Baum, mit erhobenem Haupt
und Füßen, die fest auf der Erde stehen,
und es wird niemanden geben, der sich traut, ihn zu schikanieren oder herumzukommandieren.
Kein fettbäuchiger, triefäugiger Bulle wird ihn herumkommandieren!

Es ist mir egal, was er [mein Sohn] tut,
solange er das tut, was er tun möchte,
er kann faul herumsitzen
oder am Fließband arbeiten
und Nägel einschlagen. ( also: Fabrikarbeiter werden )

Er kann als Fährmann ein Boot über einen Fluß lenken,
oder einen Rucksack schleppen,
oder überall auf den Straßen einer Stadt arbeiten,
mit Peitsche, Pferd und Wagen. ( also: als „Droschkenkutscher“ arbeiten ).

Er kann einen kleinen Lastkahn durch einen Kanal fahren ( also: Flußschiffer werden ),
eine Kuh auf der Koppel herumführen ( also: Cowboy werden ),
oder aber auch einfach dem Leben frönen ( unübersetzbare Anspielung auf den Musicaltitel „Carousel“ ),
natürlich braucht man Talent, um all das gut machen zu können!

Er könnte Boxchampion in der Schwergewichtsklasse werden,
oder jemand, der Euch ( als Haustürvertreter ) Leim verkauft,
oder aber Präsident der Vereinigten Staaten –
das wäre natürlich auch in Ordnung!

gesprochene Zeilen meistens mit dem Sinn:
Präsident der Vereinigten Staaten – darauf wäre seine Mutter dann sicher sehr stolz... aber er würde nur dann Präsident werden, wenn er auch Präsident werden will! So ist mein Sohn, Bill!

Mein Sohn Bill – er wird groß und stark sein wie ein Baum,
ja das wird er!

Er wird wachsen wie ein Baum, mit erhobenem Haupt
und Füßen, die fest auf der Erde stehen,
und es wird niemanden geben, der sich traut, ihn zu schikanieren oder herumzukommandieren.
Kein fettbäuchiger, triefäugiger Bulle wird ihn herumkommandieren!

Und ich will verflucht sein, falls er die Tochter seines Chefs heiratet,
eine Jungfer mit schmalen Lippen und wässrigem Blut,
die ihn ‚abschlabbert‘ ( wörtlich: ihm eine Kelle Flüssigkeit gibt ) und das dann einen Kuß nennt,
und ihm durch eine „Lorignette“ in die Augen schaut ( das ist eine Brille mit Handgriff statt Ohrbügeln, wie sie „alte häßliche Damen“ früher hatten )

Aber hey, warum mach ich mir all diese Gedanken?
Mein Sohn ist ja noch gar nicht geboren!

Ich sehe ihn vor mir, wenn er so ungefähr 17 Jahre alt ist,
und anfängt, mit den Mädchen loszuziehen,
ich kann ihm viele gute, clevere Tips geben,
wie man jedes Mädchen rumkriegen kann.

Ich kann ihm sagen... kann ihm zeigen... ich...

( gesprochen, meist etwa:)
Hmmh... Moment mal... was ist eigentlich, wenn ER ein MÄDCHEN ist?

Mit einem Sohn kann man Spaß haben,
aber für eine Tochter muß man ein (echter) Vater sein.

Sie wäre vielleicht gar nicht übel,
ein Kind mit Schleifen im Haar,
so etwas wie eine süße
und schnucklige
Nachbildung ihrer Mutter – was für ein Paar!

Wenn ich eine Tochter bekomme, dann werde ich in den Bars stehen,
und, Mann!, was werde ich stolz sein und strahlen!
Die Bekannten werden mich kommen sehen, und sie werden die Bar verlassen,
durch alle Ausgänge werden sie fliehen!
Weil sie es satt sind, jeden Tag aufs Neue
dieselben Dinge zu hören, die ich immer wieder sage:

Meine kleine Tochter, rosig und rein,
sie ist wie Pfirsich mit Sahne,
meine kleine Tochter ist mindestens halb so strahlend
wie Mädchen gemacht sein sollen.

Dutzende Jungs laufen ihr hinterher,
viele mögliche Freunde (Schwiegersöhne),
sie tun was sie können, um sie abzuwerben
von ihrem treuen Vater.

Sie hat (dann irgendwann) ein paar rosige und reine
kleine Kinder, 2 und 3 Jahre alt,
aber mein kleines Mädchen bekommt jeden Abend Sehnsucht,
und sie kommt wieder zu mir nach Hause.

Ich muß mich darauf vorbereiten, bevor sie zur Welt kommt!
Ich muß sicherstellen, daß sie
nicht in Slums (=Armensiedlungen) aufwächst
zusammen mit vielen Idioten/Verlierern wie ich einer bin!

Sie muß beschützt werden, und ernährt werden, und gekleidet werden
mit dem Besten,
was es für Geld zu kaufen gibt!

Ich hab (bisher) nie gewußt, wie man Geld verdient,
aber ich werds versuchen. Bei Gott! Ich werds versuchen!
Ich werde losziehen!
Und ich werde Geld verdienen!
Oder ich werde es klauen!
Oder es mir einfach nehmen!
Oder - sterben!

Übersetzung von Bernhard Vogel für Sinatra - The Main Event

(1) COLUMBIA-STUDIOAUFNAHME vom 7.4.1946
aufgenommen in New York City
Arrangement: Axel Stordahl
Orchester geleitet von Axel Stordahl
(1a)
Erstveröffentlichung: 78rpm Single (V-Disc 749-Army) (1946)
LP: The Frank Sinatra Story In Music (2-LP-Box, Columbia)
CD: The Frank Sinatra Story In Music (Columbia/Sony)
(1b)
CD: Sinatra Sings Rodgers and Hammerstein (Columbia/Legacy) (Erstveröffentlichung 1997)

(2) COLUMBIA-STUDIOAUFNAHME vom 28.5.1946
aufgenommen in Hollywood
Arrangement: Axel Stordahl
Orchester geleitet von Axel Stordahl
Erstveröffentlichung: 78rpm Single (Columbia) (1946)
CD: The Columbia Years (12 CD Box, Columbia/Legacy)
CD: 16 Most Requested Songs (Columbia/Sony)

(3) „Symphonies Under The Stars“
Viertes „Music For The Wounded“ -Benefizkonzert vom 5.8.1948

Aufgenommen in Hollywood, Hollywood Bowl
Arrangement: Axel Stordahl
Orchester geleitet von Axel Stordahl
CD: The Unheard Frank Sinatra Vol.3 (Vintage Jazz Classics)

(4) CAPITOL-STUDIOAUFNAHME (unvollendet) vom 23.2.1955
aufgenommmen in Hollywood, KHJ Studios
Arrangement: Richard Jones
Orchester geleitet von Richard Jones
CD: Sinatra In Hollywood (6-CD-Box, Reprise/Rhino)

(5) REPRISE-STUDIOAUFNAHME vom 21.2.1963
aufgenommen in Hollywood, Goldwyn Studios
Arrangement: Nelson Riddle
Orchester geleitet von Nelson Riddle
Album/CD: The Concert Sinatra (Reprise)

(6) CAPITOL-LIVEAUFNAHME vom 2.12.1988
Aufgenommen in Detroit, Fox Theatre („The Ultimate Event“-Tour)
Arrangement: Nelson Riddle
Orchester geleitet von Frank Sinatra jr.
CD: Sinatra 80th Live (Capitol)

(7) ABC-LIVEAUFNAHME vom 6.3.1991
Aufgenommen in Melbourne/Australien, National Tennis Centre („Diamond Jubilee“-Tour)
Arrangement: Nelson Riddle
Orchester geleitet von Frank Sinatra jr.
Kaufvideo: Sinatra – The Final Concert (ABC)
(auch auf inoffiziellen CDs erschienen)

(8) TV-LIVEAUFNAHME vom 28.9.1991
Aufgenommen in Oslo/Norwegen, Spektrum
Arrangement: Nelson Riddle
Orchester geleitet von Frank Sinatra jr.
Konzertaufnahme für norwegisches TV-Special „Sinatra In Oslo“
(auch auf inoffiziellen CDs erschienen)

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