Moody River
Titel
Moody River
Text & Musik
Musik und Text von Gary D. Bruce (1961)
The song information, presented in English, has been translated from the original German text and follows below.
Main Event Infos
- Geschichte
- Übersetzung
- Diskographie
Als Elvis Presley Mitte der Fünfziger Jahre in den USA kometengleich an die Spitze der Charts stürmte, gab es nur einen anderen Sänger, der ihm auf dem Single-Markt regelmäßig und über einen längeren Zeitraum hinweg Konkurrenz machte: Charles Eugen Patrick genannt Pat Boone (*1934) aus Florida, dessen „croonige“ Samtstimme ihn in den Augen mancher Kritiker in die Reihe von Crosby und Dean Martin erhob.
Sein Aufstieg vollzog sich ebenfalls quasi über Nacht: 1954 gewann er zwei Talentwettbewerbe, erhielt gleich seinen ersten Plattenvertrag und konnte bis 1962 dann über 50 Lieder in den Charts plazieren, fünf davon an erster Stelle – praktisch jede seiner Aufnahmen, vorwiegend R&B-Stücke, wurde ein Hit. Daneben entstanden Musikfilme, und 1957-1960 hatte Boone seine eigene regelmäßige Fernsehshow, mit der er die Konkurrenz (wie z.B. auch Sinatra 1957/58) locker aus dem Felde schlug. Mit seinem äußeren Markenzeichen, den weißen Schuhen, kreierte er gar eine neue Modewelle.
Anfang der Sechziger Jahre jedoch verblaßte sein Stern bereits wieder, analog zum Aufstieg von Dylan und den Beatles war kein Platz mehr für seine Songs – sein letzter Abräumer war das weltweit bekannte „Speedy Gonzales“ 1962. Mitte der Sechziger Jahre versuchte Boone sein Glück auch mit einigen auf deutsch eingespielten Liedern. In den Siebziger Jahren betätigte er sich mit Ehefrau und Kindern als „Pat Boone Singers“ im Gospel-Gesang, konnte aber an seine früheren Erfolge nicht mehr anküpfen. Die Musik blieb aber weiterhin im Mittelpunkt seiner Familie; seine Tochter Debby Boone arbeitet selbst als Sängerin und ist mit Gabriel Ferrer, dem Sohn von Rosemary Clooney, verheiratet.
Pat Boones fünfter und letzter #1-Hit in den Staaten kam 1961. Sein Manager, Randy Wood, hörte in den Country-und-Western-Charts ein Lied namens „Moody River“ von Chase Webster (= Gary D. Bruce), die Ballade eines jungen Mannes, dessen Freundin ihn betrogen hat und deswegen ins Wasser gegangen ist – ihm bleibt nur ihr Abschiedsbrief, den sie am Treffpunkt in einem Handschuh hinterlassen hat.
Wood witterte einen Hit und ließ Boone das Lied bei seinem Label Dot Records aufnehmen, begleitet von einem flotten gitarrenbetonten Arrangement und einem Begleitchor. Der Erfolg gab ihm Recht: Die Single blieb fast zwei Monate die Nummer eins. Das etwas später nachgeschobene gleichnamige LP-Album kletterte immerhin bis Platz 29.
Zwar gab es einige Cover-Versionen, unter anderem von Andy Williams, doch 1968, als Sinatra bei Reprise Records sein Album „Cycles“ mit zeitgenössischen Songs in Angriff nahm, war „Moody River“ eigentlich nicht mehr aktuell. Trotzdem kopierte Don Costa für sein Arrangement weitestgehend die Version von Pat Boone, einschließlich Tempoführung und sehr ähnlichem Begleitchor.
Den Text sang The Voice in sehr lässigem Duktus und leistete sich in der schlecht bzw. gar nicht gereimten Zeile „...that this guy was just a friend“ („friend“ soll sich dabei auf „sin“ aus der Zeile davor reimen) eine kleine augenzwinkernde Karikatur von Country-Slang im Wort „friend“ als „frind“.
Sinatra selbst ergänzte einige Worte, wohl um die ungleiche Silbenzahl dem Rhythmus besser anpassen zu können (z.B. aus „where you were to meet me“ machte er „where-you-were-supposed-to-meet-me“); ansonsten ließ ihm die Beschränkung von Arrangement und Material wenig Entfaltungsspielraum.
Trotzdem enthält die Aufnahme noch eine Zeile „echten Sinatra“, wenn auch bloß gesprochen, nämlich ganz zum Schluß, als Sinatra, dem Fade-Out-Aufnahmen wie diese eigentlich eher fremd waren, über das Fade-Out noch ergänzt „I ain’t goin‘ swimmin‘ in t’here, baby!“ („In der Brühe schwimm‘ ich sicher nicht!“). Ein Schmunzler.
Wie die meisten anderen Aufnahmen des Albums spielte Sinatra seine Fassung von „Moody River“ zu Costas Arrangement im November 1968 ein, wobei Bill Miller das Orchester leitete. Schon Ende November kam das Album heraus und schlug sich in den Charts mit 28 Wochen und Höchstplazierung #18 ganz ordentlich. Als Single kam jedoch nur das Titellied heraus; „Moody River“ blieb eine Auskoppelung erspart. Dafür war es vielleicht dem Erfolgshit von Boone zu ähnlich, und an die Qualität von „Cycles“ oder Jimmy Webbs „By The Time I Get To Phoenix“ reichte das Stück auch bei weitem nicht heran. Das Etikett „nettes Liedchen“ paßt vielleicht am besten... wahrlich kein Höhepunkt in Melodie oder Lyrik (was bitte ist ein „vainest knife“?), aber nett anzuhören – sei’s nur, wie so oft, wegen Sinatra.
Und wer in Flußnähe wohnt, kann ja mal nach einer alten Eiche suchen, unter der ein Handschuh liegt... auf dem Weg zum Freibad, versteht sich.
© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2005
Schwermütiger Fluß,
tödlicher als das nichtigste Messer,
Schwermütiger Fluß,
Deine schlammigen Fluten nahmen meinem Schatz das Leben.
Letzten Samstag abend
kam ich zu der alten Eiche,
die am Flußufer steht,
wo Du mich treffen solltest.
Auf der Erde fand ich Deinen Handschuh
mit einer Nachricht an mich,
sie lautete: „Geliebter, ich habe Dich betrogen,
nun muß ich Dich freigeben!
Ich kann nicht länger leben
mit solchem Schmerz und dieser Sünde,
ich konnte Dir einfach nicht sagen,
der Typ sei bloß ein Freund gewesen!“.
Schwermütiger Fluß,
tödlicher als das nichtigste Messer,
Schwermütiger Fluß,
Deine schlammigen Fluten nahmen meinem Schatz das Leben.
Ich blickte in die schlammige Flut,
und was konnte ich dort erkennen?
Ich sah ein einsames, einsames Gesicht,
das zu mir zurückschaute,
mit Tränen in seinen Augen,
und einem Gebet auf seinen Lippen,
und der Handschuh seiner verlorenen Geliebten
hielt er in seinen Händen.
Schwermütiger Fluß,
tödlicher als das nichtigste Messer,
Schwermütiger Fluß,
Deine schlammigen Fluten nahmen meinem Schatz das Leben.
(Dadrin werde ich bestimmt nicht schwimmen gehen, Baby)
© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2005
REPRISE-Studioaufnahme vom 13.11.1968
aufgenommen in Hollywood, Western Recorders Studio
Arrangement: Don Costa
Hintergrundchor:
Nancy Adams, Betty Baker, Vangie Carmichael, Bill Cole, Ronald Hicklin, Sally Stevens, Robert Tebow, Robern Zwirn
Orchester geleitet von Bill Miller:
Conte Candoli, Pete Candoli (Trompete); Erno Neufeld, Jacques Gasselin, Lou Raderman, Mischa Russell, James Getzoff, Nathan Ross, Paul Shure, Marshall Sosson, Joe Stepansky, Gerald Vinci (Violine); Paul Robyn, Alvin Dinkin, Alex Neiman, Allan Hershman (Bratsche); Armand Kaproff, Nino Rosso, Joseph Saxon, Justin DiTullio (Cello); Kathryn Julye (Harfe); Pete Jolly (Klavier); Al Viola, Bill Pitman, David Cohen (Gitarre); Joe Mondragon (Baß); Irving Cottler (Schlagzeug); Milt Holland, Emil Richard (Percussion)
Erstveröffentlichung-Album/LP: Cycles (Reprise FS 1027, USA) (zuerst erschienen Ende November 1968)
Album/CD: Cycles (Reprise 1027, USA) (zuerst erschienen Juni 1991)
CD: The Complete Reprise Studio Recordings (20-CD-Box, Reprise 46013, USA) CD 13 (erschienen November 1995)
Main Event Infos (English version)
In the mid-1950s, when Elvis Presley was dominating the charts in the USA, there was only one other singer who consistently and for a prolonged period competed with him in the singles market: Charles Eugen Patrick, better known as Pat Boone (*1934) from Florida. His "crooning" velvet voice earned him comparisons to Crosby and Dean Martin in the eyes of some critics.
His rise to fame was almost instantaneous: in 1954, he won two talent competitions, secured his first record contract, and by 1962, had charted over 50 songs, five of which reached number one - virtually every one of his recordings, primarily R&B songs, was a hit. In addition, he starred in music films, and from 1957 to 1960, Boone hosted his own regular television show, outperforming the competition (including Sinatra in 1957/58). His trademark white shoes even sparked a new fashion trend.
However, by the early 1960s, his star was already on the decline; with the rise of Dylan and the Beatles, there was no longer any room for his songs - his last hit was the globally renowned "Speedy Gonzales" in 1962. In the mid-1960s, Boone also ventured into recording a few songs in German. In the 1970s, he, his wife, and their children performed gospel songs as the "Pat Boone Singers", but were unable to replicate his earlier successes. Music remained a focal point for his family, however; his daughter Debby Boone pursued a career as a singer and is married to Gabriel Ferrer, the son of Rosemary Clooney.
Pat Boone's fifth and final #1 hit in the States came in 1961. His manager, Randy Wood, heard a song on the country and western charts called "Moody River" by Chase Webster (= Gary D. Bruce), a ballad about a young man whose girlfriend betrayed him and drowned herself - all he has left is her farewell letter, which she left in a glove at their meeting spot.
Wood sensed a hit and had Boone record the song on his label Dot Records, accompanied by a lively guitar-based arrangement and a backing choir. The success proved him right: the single stayed at number one for almost two months. The LP album of the same name, which was released a little later, climbed to number 29.
Although there were a few cover versions, including by Andy Williams, in 1968, when Sinatra started his album "Cycles" with contemporary songs on Reprise Records, "Moody River" was actually no longer relevant. Nevertheless, Don Costa largely copied Pat Boone's version for his arrangement, including the tempo and a very similar accompanying choir.
Sinatra sang the lyrics in a very casual style and in the poorly or not at all rhymed line "...that this guy was just a friend" ("friend" is supposed to rhyme with "sin" from the line before) he indulged in a little tongue-in-cheek caricature of country slang in the word "friend" as "frind".
Sinatra himself added a few words, probably to be able to better adapt the unequal number of syllables to the rhythm (e.g. he changed "where you were to meet me" to "where-you-were-supposed-to-meet-me"); otherwise the limitations of the arrangement and material left him little room for development.
Nevertheless, the recording still contains a line from "real Sinatra", albeit only spoken, namely at the very end, when Sinatra, who was actually rather unfamiliar with fade-out recordings like this, adds over the fade-out, "I ain't goin' swimmin' in t'here, baby!" It's a chuckle.
Similar to other recordings on the album, Sinatra recorded his rendition of “Moody River” in November 1968, following Costa’s arrangement, with Bill Miller leading the orchestra. The album was released at the end of November and performed fairly well on the charts, staying for 28 weeks and reaching a peak position of #18. However, only the title song was released as a single, while “Moody River” was not. Perhaps it was too reminiscent of Boone’s hit, and the piece didn’t quite match the quality of “Cycles” or Jimmy Webb’s “By The Time I Get To Phoenix”. The term “nice little song” might be the most fitting description… it’s certainly not a pinnacle of melody or lyricism (what does “vainest knife” mean?), but it’s pleasant to listen to - often, as is the case, because of Sinatra.
And if you happen to live near a river, you might find an old oak tree with a glove underneath it… perhaps on your way to the swimming pool.
© Bernhard Vogel for Sinatra – The Main Event, 2005